Rede Bücherbus

Rede zum Thema Bücherbus in der Kreistagssitzung am 21.09.2006

Herr Landrat, meine Damen und Herren,

wir haben hier eine Vorlage der Verwaltung vorliegen, in der eine Entscheidung „ausschließlich nach Recht und Gesetz“ und ohne „politisches Ermessen“ gefordert wird. Es wird als zwingend dargestellt, dass der Kreistag nur die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellen kann.
Ist das so? Ist dieser Kreistag tatsächlich ein reines Vollzugsorgan der Verwaltung? Das war er nie und das ist er nicht.

Mit solchen Vorlagen kann ein souveräner Kreistag auch ganz anders umgehen als vom Landrat gefordert. Die Soester Kreispolitiker haben uns gezeigt wie. Auch dort hatte der Landrat bei nahezu identischer Sachlage dem Kreistag empfohlen, das Bürgerbegehren wegen Nichteinhaltung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für unzulässig zu erklären.

Auch in diesem Fall argumentierte der Landrat, die Begründung des Bürgerbegehrens sowie der Kostendeckungsvorschlag seien nicht ausreichend.
Doch in geheimer Abstimmung votierte die Mehrheit der Kreistagsabgeordneten für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.
Das heißt, der Kreistag entschied als politisches Gremium im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und ließ sich nicht zum reinen Vollzugsorgan der Verwaltung degradieren.

Und Ihr Soester Landratskollege, Herr Steppuhn, beanstandete die Kreistagsentscheidung nicht, sondern suchte eine Lösung mit allen Fraktionen im Ältestenrat.

Dieser empfahl dann den Bücherbus zunächst bis zum Jahr 2008 weiter fahren zu lassen, eine Projektgruppe mit Vertretern der Verwaltung, der Politik und der Bürgerinitiative ein Konzept für die Fahrbücherei über 2008 hinaus erstellen zu lassen und in 2008 eine Entscheidung über die Zukunft der Fahrbücherei zu treffen.

So einfach, Herr Landrat, meine Damen und Herren von CDU und FDP, kann Bürgerwille respektiert werden, wenn man nur will. Warum nehmen wir uns kein Beispiel an dieser Vorgehensweise?

Dies umso mehr, als im Märkischen Kreis fast 30.000 Menschen für den Erhalt des Bücherbusses votiert haben. Also mehr als doppelt so viele, wie erforderlich waren.
Die Zeitungen sind diese Woche wieder voll von bedauernden Äußerungen über die schlechte Wahlbeteiligung in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern. Was glauben Sie, meine Damen und Herren, welche Auswirkungen heute eine Entscheidung gegen den deutlich geäußerten Bürgerwillen auf die Wahlmotivation der Bürgerinnen und Bürger im Märkischen Kreis hat? Wie können sich die Menschen in unserem Kreis noch von der Politik ernstgenommen fühlen, wenn sich die Mehrheit der Politiker hinter einer Verwaltungsvorlage versteckt, um den Willen von 30 000 Bürgern abzubügeln?

Bis jetzt machen wir immer noch Politik für die Bürger des Märkischen Kreises und nicht gegen sie.

§ 23 der Kreisordnung, der Bürgerbegehren und Bürgerentscheid regelt, sagt klar und verständlich:
„Die Bürger der kreisangehörigen Gemeinden können beantragen (Bürgerbegehren), dass sie anstelle des Kreistags über eine Angelegenheit des Kreises selbst entscheiden (Bürgerentscheid).“

In der Kreisordnung findet sich nichts davon, dass in der Begründung „auch die Motive erwähnt werden“ müssen, „von denen sich der Rat bei seiner Entscheidung hat leiten lassen“ (wie in der Vorlage aus einem Urteil des VG Arnsberg zitiert wird). Dies weiß doch auch jeder, ohne dass es in der Begründung ausdrücklich steht: Um Geld zu sparen! Selbst CDU und FDP gingen wohl nicht so weit, das Lesen abschaffen zu wollen.
Bei der Kostendeckung fordert die Kreisordnung lediglich einen „durchführbaren Vorschlag“. Die von der Verwaltung zitierte Rechtsprechung schraubt hier die Anforderungen sehr hoch, während das NRW-Innenministerium und sein FDP-Innenminister auf ihrer Homepage angeben: Ich zitiere:
„Ein Begehren, dessen Umsetzung Kosten verursacht, muss auch einen Kostendeckungsvorschlag enthalten, der die Kosten der Umsetzung des Begehrens wirklichkeitsnah darstellt.“ Und nun achten sie drauf, meine Damen und Herren von CDU und FDP! Weiter heißt es: „Nun kann man Bürgerinnen und Bürger nicht dadurch überfordern, dass man ihnen einen ausgefeilten Kostendeckungsvorschlag abverlangt, wie ihn nur ein Kämmerer vorlegen kann.“

Genau das ist es aber, was hier im Märkischen Kreis verlangt wird: dass die Bürgerinnen und Bürger, die sich für den Bücherbus stark machen, schlauer sind als der Kämmerer. Letztlich werden beim Bürgerbegehren strengere Maßstäbe angelegt, als an das Handeln der gewählten Vertreter im Kreistag.“

Mit der Einführung des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids wollte der Gesetzgeber ein unmittelbares und demokratisches Element schaffen. Es soll zur Verbesserung der bürgerschaftlichen Beteiligung an der kommunalen Selbstverwaltung führen und dem vielfach geäußerten Wunsch nach mehr unmittelbarer Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger entsprechen. Aber es muss für die Bürgerinnen und Bürger auch durchführbar sein.

Im letzten Satz des § 23 heißt es in Absatz 2: „Die Verwaltung ist in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft ihren Bürgern bei der Einleitung eines Bürgerbegehrens behilflich.“

Dies kann doch nur heißen, rechts- und verwaltungsunerfahrende Bürgerinnen und Bürger sollen ihr Anliegen auch durch Beratung der Verwaltung möglichst rechtssicher verwirklichen können. Und es heißt ganz sicher nicht, dass sie „ins Messer“ einer komplizierten Rechtsprechung laufen sollen.

Um den Menschen im Märkischen Kreis die Frustration eines unzulässigen Bürgerbegehrens zu ersparen und im Interesse der vielen Menschen, die für den Erhalt des Bücherbusses unterschrieben haben, möchte ich an dieser Stelle eindringlich an alle Kreistagsmitglieder appellieren, in dieser Frage nur ihrem Gewissen zu folgen: Stimmen Sie gegen die Verwaltungsvorlage und öffnen Sie die Türen für weitere Gespräche.

Zeigen Sie den Bürgerinnen und Bürgern im Märkischen Kreis, dass Sie sie und ihre Forderungen Ernst nehmen!

Es gibt keinen vernünftigen Grund, im Grundsatz das Votum der 30 000 Menschen nicht zu akzeptieren. Es ist inhaltlich richtig.

Der Bücherbus ist eine notwendige Ergänzung der örtlichen Bibliotheken. Er ist wichtig für den Erwerb und die Förderung der Lese- und Medienkompetenz. Er ergänzt sinnvoll das Buch- und Medienangebot der Schulen. Darüber hinaus wäre etlichen Schulen wie zum Beispiel der Schalksmühler Grundschule Spormecke die Teilnahme an Leseförderungsprojekten ohne den Bücherbus gar nicht möglich.

Meine Damen und Herren Kreistagsabgeordnete, die SPD-Fraktion spricht sich ausdrücklich für den Erhalt des Bücherbusses aus! Und für die Suche nach finanziellen Fördermöglichkeiten.

Es ist nicht richtig den Bücherbus abzuschaffen.
Nicht richtig auch im Hinblick auf die finanzielle Situation des Märkischen Kreises. Ausgerechnet mit den im Verhältnis geringen Mitteln für den Bücherbus den Kreishaushalt „sanieren“ zu wollen, ist ebenso ineffektiv wie falsch.
Falsch, weil ohne Lese- und Medienkompetenz die Gefahr der Arbeitslosigkeit deutlich steigt. Aus der Arbeitslosigkeit kann man schnell in die Sozialhilfe gelangen. Und die Ausgaben für die Sozialhilfe schlagen sich wiederum im Haushalt des Kreises nieder.
Und dies alles auch noch im Hinblick darauf, dass das Personal des Bücherbusses an anderer Stelle in der Kreisverwaltung eingesetzt werden soll und daher die Personalkosten nicht tatsächlich kurzfristig eingespart werden können.

Lassen Sie uns daher das Richtige tun, meine Damen und Herren Kreistagsabgeordnete und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger im Märkischen Kreis entscheiden!
Und diese Entscheidung kann nur lauten: Nein zur Verwaltungsvorlage – ja zum Bücherbus!

Was ist ein Kreistag?

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Fraktion / Partei – Was ist der Unterschied?

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Wie arbeitet eine Fraktion?

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