Rechtliche und organisatorische Grundlagen:
Die Zersplitterung der IT-Landschaft auf allen Ebenen der Bundesrepublik sowie die oftmals unzureichenden rechtlichen Möglichkeiten, von der papiergebunden auf die digitale Verwaltung umzusteigen, haben dazu geführt, dass die Bundesrepublik insgesamt im europäischen Vergleich hinter den anderen Staaten zurückfällt.
Umsetzungshürden stellen bisher u.a. das Schriftformerfordernis, Regelungen in Spezialgesetzen zur Führung elektronischer Akten bzw. elektronischer Verwaltungsverfahren und das Fehlen technischer Eingangskanäle zum rechtssicheren Empfang elektronischer Dokumente dar. Ferner ist das Anmelden als Nutzer in einem Portal aufgrund von hohen Anforderungen an die Authentifizierung sehr umständlich.
Anders als in Bayern, Niedersachsen und Hessen gibt es in Nordrhein-Westfalen kein einheitliches Landesportal, welches die Kommunen kostenlos nutzen können. Auf der Basis der bundesweit geltenden verbindlichen Standards des IT-Planungsrates wird sich auch in NRW eine Umsetzung an diesen Vorgaben orientieren und zentraler koordiniert werden. Neben der Standardisierung von Verwaltungsleistungen über das Föderale Informationsmanagement (FIM) und der Standardisierung der IT über die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT), die auch die verbindlichen Schnittstellen für den Datenaustausch festlegt (sogenannter XÖV-Standard), wird es notwendig sein, die Plattformlandschaften, Portale, Register und Fachverfahren einfach und modular so zu verbinden, dass eine Umsetzung von E-Govern-ment-Lösungen und vor allem der Leistungen nach dem Online-Zugangsgesetz (OZG) schneller und finanziell günstiger erfolgen kann.
Durch das OZG werden unterhalb der genannten 55 Lebenslagen 575 Anliegen definiert, die rund 1.900 Leistungen enthalten. Pro Leistung werden im Durchschnitt drei Prozesse mit allen Bearbeitungsstufen, Formularen und Fachanwendungen zu digitalisieren sein, so dass ca. 6.000 Prozesse zu betrachten sind.
Insoweit sind die gesetzlich vorgegebenen Fahrpläne zur Umsetzung des OZG sehr ambitioniert, um alle 575 Anliegen (Bund, Länder Kommunen zusammengerechnet) in E-Government-fähige Lösungen umzusetzen und vollständig und medienbruchfrei elektronisch anzubieten. Inzwischen bewerten die beteiligten Institutionen und Ministerien selber den Zeitraum als zu eng und tatsächlich wird eine vollständige Umsetzung nicht bis 2022 erwartet. Vielmehr sollen zumindest die TOP 100 der Dienste übergreifend bei allen Behörden und in allen Portalen elektronisch angeboten werden.
Sachstand Märkischer Kreis:
Die Verwaltung beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren und schon vor in Kraft treten der diversen E-Government-Gesetze von Bund und Land mit der Möglichkeit, Dienstleistungen online anzubieten.
Allerdings hat der Märkische Kreis bisher auf eine Digitalisierungsagenda verzichtet, da die bundes- bzw. landeseignen Institutionen in immer kürzeren Zyklen Gesetzgebungsvorhaben und Initiativen auf den Weg gebracht haben. Außerdem wurden aufgrund der Fusion der citkomm und der KDZ zur SIT die zentral im Verband anzubietenden Lösungen zum E-Government teilweise zurückgestellt.
Die bisher umgesetzten und auch geplanten Projekte des E-Governments sind in der Anlage aufgeführt. Darüber hinaus sind verbandsweite Projekte mit dem kommunalen IT-Dienstleiter SIT geplant. Zielrichtung ist es im Verband sowohl Best Practice Modelle zu übernehmen als auch gemeinsame Lösungen zu gestalten und somit die Entwicklungsarbeiten so effektiv und effizient wie möglich zu erbringen. Da sich diese zentralen Projekte noch in der Beschlussfassung der Gremien befinden, sind sie an dieser Stelle nicht detaillierter aufgelistet.
1.Personaleinsatz
Wie eingangs dargestellt, wirkt sich die Umsetzung des E-Government sowohl auf die technische Ausstattung als auch auf die Organisation aus. Insoweit sind grundsätzlich alle Beschäftigten des Fachdienstes 13 „IT, Organisation und Controlling“ in verschiedenen Funktionen eingebunden. So sind beispielsweise 2,5 Stellen mit dem Teilprojekt Dokumentenmanagementsystem und E-Akten beauftragt, weitere 1,5 Stellen mit der Betreuung des Internets/Intranets, in welche die entwickelten Services eingebunden werden müssen. Speziell nur für das E-Government wird derzeit eine Stelle für die Projektleitung und Vertretung des MK in den Gremien des Landes und Verbandes geführt. Darüber hinaus wurde eine Stelle für die Betreuung der technischen Umsetzung eingerichtet, d.h. die Einbindung technischer Verfahren, Schnittstellen, Testung und Einführung von Lösungen und Programmen. Da die Beschäftigten im Fachdienst 13 auch noch weitere Aufgaben im laufenden Tagesgeschäft erfüllen, stehen derzeit umgerechnet circa 4 bis 5 Vollzeitäquivalente für die Aufgaben des E-Governments zur Verfügung.
2.Aufgabenbereiche
Wie aus der Anlage ersichtlich, sind fast alle Bereiche der Verwaltung von den Projekten betroffen, entweder durch bereits eingeführte Lösungen oder im Rahmen der anstehenden Projekte. Vordringlich sind in allen Bereichen E-Akten, das Portal mit Online-Anträgen und -Formularen, das Servicekonto, der Dokumentensafe sowie das e-Payment einzuführen. Weitergehende Punkte, wie Prozessautomatisierung, Datenflüsse, Workflows, Schnittstellen und Datenaustausche betreffen zwar mittelbar jeden Bereich, sind aber zunächst Lösungen aus dem Rechenzentrum bzw. Lösungen, die über das Rechenzentrum gesteuert werden.
3.Zeitschiene
Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen orientiert sich an den gesetzlichen Vorgaben. Für das OZG ist das Jahr 2022 vorgegeben, für den Bereich der E-Akten (jedoch nur auf Landesebene zwingend) 2025. Es ist Ziel der Verwaltung, diese Termine einzuhalten. Allerdings sind auch zentrale Lösungen des Bundes und des Landes einzuführen, die erst noch auf der Ebene IT-NRW oder d-NRW entwickelt werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass zu den genannten Terminen auf kommunaler Ebene rund 70% der Ziele erreicht werden können.
4.Einbeziehung der Mitarbeitenden
Die Fachbereiche und Mitarbeitenden wurden bzw. werden auch weiterhin bei den Umsetzungsprojekten einbezogen. Ab Sommer 2019 soll darüber hinaus gehend eine Arbeitsgruppe mit interessierten Mitarbeitenden aus allen Bereichen gebildet werden, um zusammen mit dem Verband SIT das E-Government noch schneller in der Verwaltung zu etablieren. Allerdings ist zu beachten, dass die Zielerreichung 2022 / 2025 bei der Kreisverwaltung und im Verband SIT nur möglich ist, wenn so wenig Individuallösungen wie möglich kreiert werden, sondern grundsätzlich Standardlösungen eingesetzt werden und lediglich kleinere Anpassungen vorgenommen werden. So werden sukzessive auch Formulare und Prozesse an diese allgemein gültigen Standards angepasst. Die Verwaltung wird die Vorgaben des Föderalen Informationsmanagement (FIM) umsetzen.
5.Personelle Auswirkungen
Im Stellenplan des Kreises für 2020 wird es vorerst keine weiteren Anforderungen zur Einrichtung von Planstellen aufgrund des E-Government geben. Allerdings werden im Verband der SIT mehr Stellen benötigt, um die o.g. Anforderungen im Sinne der Standardisierung und Übertragbarkeit in Projekte umzusetzen und weitere E-Government-Lösungen verbandsweit einzuführen.
Langfristig wird es zu Prozessvereinfachungen durch die Digitalisierung der Geschäftsprozesse kommen, die einerseits zwar Stellenreduzierungen in der Aufgabenerledigung ermöglichen, der vermehrte Technikeinsatz aber im Betreuungsbereich weiteres Personal bzw. zusätzliche Finanzmittel erforderlich macht.
6.Finanzielle Auswirkungen
Intern stellt der MK neben den Personalkosten für das E-Government jährlich rd. 250.000 € pro Jahr für neue Lösungen, Lizenzen, Beratung in diversen Sachkonten des Fachdienstes IT, Organisation und Controlling zur Verfügung. Für die bereits eingeführten Lösungen werden für Betrieb und Wartung weitere 200.000 € veranschlagt.
7.Datensicherheit
Die Datensicherheit ist auf einem hohen Niveau gewährleistet, da der Datenaustausch mit anderen Behörden nur über das Netz des Landes und des Bundes erfolgt, die Datenströme zwischen Bürger und Verwaltung werden ebenfalls über das kommunale Rechenzentrum der SIT und das Landesrechenzentrum geleitet und übermittelt. Wartungszugänge, Formulare, Übertagungsmedien sind entsprechend den Vorgaben der Hersteller und des Rechenzentrums abgesichert. Darüber hinaus sind an jedem Projekt der IT-Sicherheitsbeauftragte und die Datenschützerin des MK gem. den rechtlichen Vorgaben beteiligt.
8.Interkommunale Zusammenarbeit
Die Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit werden bereits im Verband der SIT aber auch über den KDN und d-NRW ausgeschöpft und kontinuierlich im Rahmen der OZG-Umsetzung ausgebaut. Die SIT und der KDN sind an den Digitalisierungslaboren des Landes beteiligt und bringen dort die technischen wie auch kommunalen Anforderungen an eine elektronische Dienstleistung ein. Die Verbandsstrategie der SIT sieht vor, dass die internen Lösungen dann arbeitsteilig entwickelt werden: Ein Online-Service wird von einer Kommune zusammen mit der SIT aufgebaut, qualitätsgesichert und dann für alle anderen nutzbar und übertragbar ausgerollt. Die drei Südwestfälischen Kreise haben sich bereits zu einer Arbeitsgruppe zur OZG-Umsetzung zusammengeschlossen, um die Themenfelder des Leistungskataloges aufzuteilen. Jeder Kreis wird einen Teil zur Umsetzung beitragen und Lösungen im Portal entwickeln. Darüber hinaus können in den Portalen der Städte und Gemeinden dann auch die Leistungen und Services des Kreises aufgerufen werden, weil alle die gleiche Portaltechnologie, die gleichen Authentifizierungsservices und die die gleichen Übermittlungskanäle benutzen.
9.Projekte der SIT
Auf Ebene der SIT leitet der Märkische Kreis den Lenkungsausschuss E-Government, der alle Aktivitäten im Verband bündelt, bewertet, Projekte anstößt und steuert. Projekte des Verbandes sind übertragbar auf alle Kommunen und damit verpflichtend umzusetzen. Schwerpunktprojekte des Verbandes sind:
-Die flächendeckende Nutzung des Online-Bürger- und Dienstleistungsportals in allen Kommunen und der Ausbau des Portals in technischer, rechtlicher und vor allem prozessualer Sicht. Zur prozessualen Sicht gehört insbesondere die arbeitsteilige Umsetzung aller OZG-Leistungen. Arbeitsteilig bedeutet in dem Zusammenhang, dass die SIT an Landesentwicklungen mitwirkt und gleichzeitig die interkommunale Zusammenarbeit der Kommunen im Verbandsgebiet begleitet und umsetzt. Dabei wird die SIT vor allem auch bei der Interoperabilität von Servicekonten im Portalverbund mitwirken und zusammen mit dem Land und anderen IT-Dienstleistern die Erweiterung zu einem Unternehmenskonto vorantreiben.
-Die flächendeckende Nutzung eines Dokumenten-Managements-Systems und die Einführung von Standard-E-Akten für alle Kommunen. Auch hier wird interkommunal arbeitsteilig vorgegangen. Der MK beispielweise wirkt aktiv mit der SIT an der Erstellung der „Allgemeinen Schriftgutverwaltung“ und der „E-Akte Ausländerwesen“ mit. Die „E-Personalakte“ wird vom HSK mit der SIT erstellt und soll dann vom MK übernommen werden. Zu diesem Schwerpunkt zählen auch die Schnittstellenentwicklung zu Fachverfahren, zum Langzeitspeicher und zum Landesarchiv.
-Der dritte Schwerpunkt beschäftigt sich mit der Bündelung aller Kommunikationswege und der Umwandlung physischer Dokumente (Eingänge, Ausgänge, Altbestände) in digitale Dokumente sowie die Anbindung aller Kommunikationskanäle zu Institutionen, Behörden, elektronischen Postfächern von Anwälten und Gerichten etc.